Aktuelle Informationen
Stand: 01.04.2025
Balkonkraftwerke
Am 16.05.2024 ist das „Solarpaket I“ in Kraft getreten. Durch dieses soll die Anbringung von Steckersolargeräten (sog. Balkonkraftwerke) entbürokratisiert und erleichtert werden. Zugleich wird die Möglichkeit einer gemeinschaftlichen Gebäudeversorgung geschaffen, mit der eine GdWE Strom durch Photovoltaikanlagen für den Eigenverbrauch produzieren kann, ohne den Strom in das allgemeine Stromnetz einspeisen zu müssen. Richtig ist, dass die technischen und rechtlichen Anforderungen für beide Versorgungsarten erleichtert wurden. Mit dem „Gesetz zur Zulassung virtueller Wohnungseigentümerversammlungen, zur Erleichterung des Einsatzes von Stecker-Solargeräten und zur Übertragbarkeit beschränkter persönlicher Dienstbarkeiten für Erneuerbare-Energien-Anlagen“ wird die Anbringung eines Balkonkraftwerkes zudem zu einer privilegierten baulichen Veränderung im Sinne von § 20 Abs. 2 WEG, so dass Eigentümer einen Anspruch auf einen Gestattungsbeschluss geltend machen können.
Steckersolargeräte (sog. Balkonkraftwerke)
Unter einem Balkonkraftwerk ist eine vergleichsweise kleine Anlage aus Photovoltaikmodulen zu verstehen. „Klassische“ Photovoltaikanlagen werden fest installiert. Die Installation eines Balkonkraftwerkes erfordert deutlich weniger Aufwand. Die Leistung der Balkonkraftwerke hingegen liegt abhängig von der Leistungsfähigkeit und Anzahl der Module derzeit bei i.d.R. 400 bis zu 800 W. Die Technik schreitet aber kontinuierlich voran und es werden immer leistungsfähigere Modelle auf dem Markt angeboten.
Funktionsweise, zulässige Technik und Aufstellungsort
Die Bezeichnung Balkonkraftwerk gibt Rückschluss auf den üblichen Aufstellungsort, ist aber auch irreführend. Die Anlagen können in technischer Hinsicht auch auf Terrassen, Dachterrassen oder Gartenflächen, an Dachschrägen oder letztlich an allen Außenwänden montiert werden. Bedenken an der Absturzsicherheit, des Brandschutzes oder schlicht der optischen Beeinträchtigung sind ernst zu nehmen, stehen aber auf einem anderen Blatt. Steckersolargeräte bestehen üblicherweise aus einem oder zwei Photovoltaikmodulen (-platten) und einem Wechsler bzw. Inverter für den Wandel von Gleich- in Wechselstrom. Die Anlage wird mit der internen Stromversorgung verbunden, hierfür ist nun eine handelsübliche Schuko-Steckdose ausreichend. Ein Spezialstecker (Wieland) ist nicht Pflicht.
Grundsätzliches zur Beschlussfassung
In der GdWE stellen sich die Fragen, unter welchen Voraussetzungen Eigentümern die Errichtung eines Balkonkraftwerkes gestattet werden kann (siehe unter 3. und 5.), ob Eigentümer einen Anspruch auf die Gestattung haben und mit welchen Vorgaben sie einen Gestattungsbeschluss versehen können. Ferner ist zu entscheiden, ob die Eigentümer jeweils im Einzelfall auf Antrag beschließen wollen oder einen generellen Gestattungsbeschluss fassen, in welchem sie die Parameter für zu errichtende Anlagen festlegen, ansonsten aber auf die individuelle Beschlussfassung verzichten. Die bauliche Veränderung des Gemeinschaftseigentums unterfällt § 20 WEG. Für sie ist in jedem Fall ein Beschluss erforderlich (BGH, V ZR 140/22).
• Die Anbringung an der Brüstung führt zu einer über die ordnungsmäßige Erhaltung hinausgehende Veränderung des gemeinschaftlichen Eigentums, also einer baulichen Veränderung im Sinne von § 20 Abs. 1 WEG. Über die Gestattung einer solchen Anlage beschließen die Eigentümer mit einfacher Stimmenmehrheit. Hierbei ist im Übrigen auch zu berücksichtigen, dass die Platten zwar fest mit der Fassade verbunden werden, die Herstellerbeschreibungen aber i. d. R. auch vorsehen, dass sich die Konstruktionen relativ leicht wieder lösen lassen.
• Wird die Anlage im Bereich des Sondereigentums aufgestellt, passt § 20 Abs. 1 WEG nicht unmittelbar. Ist die Anlage dort aber für Außenstehende sichtbar aufgestellt, kann ein Fall des § 13 Abs. 2 WEG vorliegen. Danach gilt bei einer baulichen Veränderung im Bereich des Sondereigentums ebenfalls unter Umständen § 20 Abs. 1 WEG. Auch hier benötigt der Eigentümer i. d. R. einen Gestattungsbeschluss, es sei denn, mit der Aufstellung der Anlage erwächst keinem der anderen Wohnungseigentümer ein Nachteil über das bei einem geordneten Zusammenleben unvermeidliche Maß hinaus. Dies ist sicher ein Sonderfall, mithin eine Frage des Einzelfalles und gestattet auch Wertungsspielräume. Die optische Veränderung kann aber ebenso zu einer Benachteiligung führen, wie der Umstand, dass die Anlage selbst irgendwie an das Stromnetz angeschlossen werden muss.
• Eine Veränderungssperre nach § 20 Abs. 4 WEG wird der Anbringung oder Aufstellung von Balkonkraftwerken nur in Ausnahmefällen entgegenstehen. Immerhin sieht § 20 Abs. 4 WEG vor, dass eine Maßnahme (hier: Gestattung) nicht beschlossen werden darf, wenn die Wohnanlage durch die Anbringung grundlegend umgestaltet oder ein anderer Eigentümer ohne sein Einverständnis gegenüber den anderen unbillig benachteiligt wird. Dies ist denkbar, aber sehr objektabhängig. Vorrangig ist, hier an einheitlichen Gebäudestrukturen bei Architektenhäusern, Jugendstilvillen oder Fachwerkhausbauten zu denken.
Voraussetzungen des Gestattungsbeschlusses
Welche Vorgaben muss die Anlage erfüllen, damit die Anbringung mit einem ordnungsmäßigen Beschluss gestattet werden kann? Um dies beurteilen zu können, müssen sich die Eigentümer bei der Beschlussfassung die Funktionsweise des Balkonkraftwerkes vergegenwärtigen. Das Photovoltaikmodul wird an einem dem Sonnenlicht zugewandten Platz installiert. Theoretisch denkbar ist, dass es dann anschließend überhaupt nicht mit der Hausanlage montiert wird und der Eigentümer die Anlage lediglich für technische Geräte mit vergleichsweise geringem Energiebedarf einsetzt (z. B. Aufladen von Computern, Mobiltelefonen, etc.). In der Regel wird der Eigentümer aber das Photovoltaikmodul mit der zu seiner Wohnung gehörenden Stromleitung verbinden wollen. Hier stellen sich technische Fragen, die der Beantragende der WEG zu erläutern hat. Ein Photovoltaikmodul soll über einen Schutzkontaktstecker mit der Steckdose verbunden werden. So kann der Eigentümer den gewonnenen Strom dann in seiner Wohnung nutzen. Der Einbau durch ein Fachunternehmen ist technisch nicht erforderlich. Es existieren bereits in der Praxis Plug-in-PV-Anlagen. Diese ermöglichen es auch dem technischen Laien, eine solche Anlage zu installieren. Nun wird nicht jedem Eigentümer wohl bei dem Gedanken sein, dass sein Wohnungsnachbar Strom in die Hausleitung einspeist und nicht einmal ein Fachbetrieb den Einbau der Anlage überprüft.
Nicht anders ist der Einbau zu bewerten, wenn der Balkon oder die Terrasse nicht über eine Steckdose verfügt, diese also erst installiert werden muss oder ein gar ein Kabel durch die Fassade geführt werden muss. Dies spricht dem Grunde nach nicht gegen die Gestattung („Ob“), allerdings erhöhen sich die Anforderungen an den Inhalt („Wie“). Will der Eigentümer eine Wanddurchführung vornehmen (lassen), dann muss er auch klären, wie Abdichtungs- und Dämmebenen hiervon betroffen sind oder welche Maßnahmen zur Erhaltung dieser Bauteile durchgeführt werden könnten (z. B. Durchführung durch Spezialleiste in der Balkontür). In die Kategorie „muss geklärt werden“ gehört auch der Bestandsschutz. Viele Gebäude verfügen über veraltete, aber bestandsgeschützte Elektroanlagen. Eine teilweise Neuerrichtung kann in diesen Bestandsschutz eingreifen oder aufgrund der geänderten Funktion zusätzliche Geräte, Schaltschränke, o. Ä. erforderlich machen. Ein maßgeblicher Faktor hierfür ist neben der vorhandenen Installation auch die Leistungskapazität des Balkonkraftwerkes. Man muss die Balkonkraftwerke nicht unter den Generalverdacht stellen – aber wenn eine WEG berechtigten Grund zur Annahme hat, dass der Bestandsschutz der Elektroanlagen betroffen sein könnte, dann kann sie auch diesen Aspekt in das „Wie“ des Gestattungsbeschlusses aufnehmen. Und schließlich stellen sich Fragen der Verkehrssicherung und des Versicherungsschutzes. Die an der Außenseite der Brüstung montierten Anlagen müssen gegen Absturz- und Bruchgefahr gesichert, die Gemeinschaft gegen die mögliche Inanspruchnahme im Falle der Schädigung eines Dritten durch herabfallende Teile versichert sein.
Inhalt des individuellen Gestattungsbeschlusses
Den Antrag eines Eigentümers auf Gestattung der Errichtung eines Balkonkraftwerkes nimmt der Verwalter auf die Tagesordnung der Eigentümerversammlung.
Zur Vorbereitung des „Ob“ und „Wie“ des Gestattungsbeschlusses muss der Eigentümer verschiedene Informationen liefern:
• Nachweis oder zumindest technisch plausible Erläuterung, dass die Hausanlage vor Rückspannungen durch die PV-Anlage geschützt ist.
• eine zumindest schematische Visualisierung, damit die Eigentümer den optischen Zustand nach Errichtung der Anlage beurteilen können.
• die Benennung des Produkts mit Typ und technischen Daten (Produktdatenblatt)
• Nachweis eines Versicherungsschutzes für Haftpflichtschäden.
• ggf. noch eine Erklärung darüber, dass sämtliche Kosten der Installation, des Betriebs, der Wartung und der Erhaltung vom Eigentümer der betroffenen Sondereigentumseinheit zu tragen sind.
Die Eigentümer müssen bei der Beschlussfassung über diese Informationen verfügen. Will ein Eigentümer also einen Gestattungsbeschluss erwirken,
sollte er diese Grundlage frühzeitig vor der Versammlung dem Verwalter zukommen lassen, damit die Eigentümer spätestens mit der Einladung darüber verfügen.
Hinweis: bei vermietetem Wohneigentum, hat sich der Mieter an seinem Wohnungseigentümer zu wenden.
Verwaltervergütung
Verwalter sollten bei der Kalkulation der Vergütung ihren individuellen Aufwand im Zusammenhang mit Balkonkraftwerken beachten. Dies geht auch damit einher, in welchem Umfang sie sich Überprüfungs-/ Überwachungspflichten übertragen lassen. Die bloße Zuordnung von Unterlagen (z. B. Abgleich der Anlage mit dem Nachweis der Registrierung im Stammdatenregister) lässt sich mit Pauschalbeträgen abgelten, sodass also durchaus eine pauschale Vergütung je genehmigtem/in Betrieb genommenem Balkonkraftwerk in Betracht kommt. Ob Verwalter sich auch die Überprüfung von Anlagen übertragen lassen und dies dann pauschal abgedeckt sein sollte, ist Frage des Einzelfalles. Alternativ ist eine variable Vergütung nach Aufwand denkbar. Verwalter können sich hierzu an den Daten aus dem VDIV- Branchenbarometer orientieren. Die anzusetzende Vergütung für Geschäftsführerstunden liegt im bundesweiten Mittel bei 85,09 Euro netto.
Quelle: auszugsweise: VDIV Deutschland Handlungsempfehlung „Solarpaket I“ – „Balkonkraftwerke“ und „gemeinschaftliche Versorgung“ im Wohnungseigentum